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Newsletter Medizinisches Cannabis
2. Ausgabe 2025

Liebe Leser:innen,

die Geschäftspraxis mancher Telemedizinangebote steht in der Kritik. Für den Bezug von medizinischem Cannabis genügt oft das Ausfüllen eines Online-Fragebogens. Nun erreicht das Thema zunehmend die Politik. Die Gesundheitsministerkonferenz der Länder fordert ein verpflichtendes persönliches Erstgespräch vor der Verordnung von Cannabis-Arzneimitteln. Auch die neue Bundesgesundheitsministerin Nina Warken möchte „die zu leicht zugänglichen Onlineverschreibungen einschränken“.

Darüber und über weitere Themen rund um (medizinisches) Cannabis lesen Sie in diesem Newsletter. Wir wünschen Ihnen eine anregende Lektüre und schöne Sommermonate!

Herzlich,
Ihr Projektteam Cannabismedikation
Drogenreferat der Stadt Frankfurt am Main

Inhalt

1. Aktuelles aus Frankfurt am Main

- Informationsveranstaltung bei den Aktionswochen Älterwerden 2025

- Netzwerktreffen im September

- Erste Daten zum Cannabiskonsum in Frankfurt nach Teillegalisierung

2. Aktuelles aus Deutschland

- Diskussion um umstrittene Telemedizin-Angebote

- Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg zur Kostenübernahme

- Aufnahme in Endometriose-Leitlinie

3. Aktuelles aus aller Welt

- Tschechien – Allgemeinärzt:innen dürfen verschreiben

- Thailand – Cannabis nur noch auf Rezept

4. Aktuelles aus der Forschung

- Kernsymptome bei autistischen Kindern nicht verbessert

- Alkoholabhängigkeit: Craving reduziert, Trinkverhalten unverändert

- Rheumatische Erkrankungen: Interesse bei Patient:innen, wenige Rezepte

1. Aktuelles aus Frankfurt am Main

Informationsveranstaltung bei den Aktionswochen Älterwerden 2025


Das Drogenreferat beteiligt sich mit einer Informationsveranstaltung zum Thema Medizinisches Cannabis an den Aktionswochen Älterwerden 2025 in Frankfurt am Main. Interessierte sind herzlich eingeladen, und zwar am Mittwoch, 24. September, von 16:00 bis 17:30 Uhr, im Drogenreferat, Alte Mainzer Gasse 37. Der Eintritt ist frei. Um Anmeldung wird gebeten: per E-Mail (medizinisches.cannabis@stadt-frankfurt.de) oder per Telefon (069 – 212 30120).


Ein Vortrag führt zu den Anwendungsgebieten und Nebenwirkungen von medizinischem Cannabis ein. Auch die rechtlichen Voraussetzungen für eine Kostenübernahme werden vorgestellt. Anschließend gibt es Zeit für Fragen und für Austausch.


Die diesjährigen Aktionswochen Älterwerden vom 15. bis zum 28. September stehen unter dem Motto „Mobil“. Damit ist nicht nur Fortbewegung gemeint, wie die Dezernentin für Soziales und Gesundheit, Elke Voitl, betont, sondern auch „Teilhabe, Selbstständigkeit, Lebendigkeit und die Möglichkeit, das eigene Leben aktiv und selbstbestimmt zu gestalten“. Das vollständige Programm der Aktionswochen Älterwerden finden Sie hier.


Netzwerktreffen im September


Am Mittwoch, den 17.September, lädt das Drogenreferat der Stadt Frankfurt am Main von 18:00 bis 19:00 Uhr zum nächsten Online-Treffen des regionalen Netzwerks Rhein-Main ein. Wie üblich geht es um den Austausch zu aktuellen Fragen rund um die Verschreibung von Cannabis-Arzneimitteln, vor allem in Frankfurt am Main und Umgebung. Medizinische und pharmazeutische Fachkräfte aus der Region sind herzlich dazu eingeladen. Bitte schreiben Sie uns eine E-Mail, um die Zugangsdaten zur Sitzung zu erhalten: medizinisches.cannabis@stadt-frankfurt.de. Auch der Folgetermin am 19. November, 18:00 bis 19:00 Uhr, steht bereits fest (Save the date!). Wir freuen uns auf Ihre Teilnahme.


Erste Daten zum Cannabiskonsum in Frankfurt nach Teillegalisierung


Frankfurter Jugendliche greifen immer seltener zu Marihuana und Hasch. Auch bei Erwachsenen zeigt sich ein ähnlicher Trend – allerdings nicht ganz so ausgeprägt. Dies legen Ergebnisse von zwei aktuellen Studien nahe, wie die Stadt Frankfurt am Main per Pressemitteilung verkündete.


Seit dem Jahr 2002 werden für das Monitoring-System Drogentrends (MoSyD), gefördert vom Drogenreferat der Stadt Frankfurt, jährlich rund 1500 Frankfurter Schüler:innen ab 15 Jahren befragt. Die Gesamtergebnisse der MoSyD-Studie liegen Ende des Jahres vor. Wegen des hohen Interesses an den möglichen Auswirkungen der Cannabis-Teillegalisierung wurden die Daten zu Cannabis für 2024 vorzeitig ausgewertet.


22 Prozent der befragten Schüler:innen zwischen 15 und 18 Jahren gaben demnach an, Cannabis mindestens einmal im Leben probiert zu haben. Im Vorjahr unter den alten gesetzlichen Regelungen waren es 26 Prozent. Zum Vergleich: 2015 lag die Quote bei 43 Prozent, 2002 bei 46 Prozent. Auch der Konsum in den vergangenen zwölf Monaten ist gegenüber dem Vorjahr von 19 Prozent auf 17 Prozent zurückgegangen. Neun Prozent haben Cannabis nach eigenen Angaben in den vergangenen 30 Tagen konsumiert. Im Jahr zuvor waren es noch zehn Prozent, vor sechs Jahren mit 22% sogar mehr als doppelt so viele.


Für Studienleiter Professor Bernd Werse von der Frankfurt University of Applied Sciences sind die Ergebnisse eindeutig: „Bereits seitdem von der Ampel-Koalition Ende 2021 angekündigt wurde, Cannabis teilweise legalisieren zu wollen, ist die Verbreitung der Droge unter Jugendlichen auf neue Tiefstwerte gesunken, was sich nach Einführung des Cannabisgesetzes fortgesetzt hat. Befürchtungen, dass der legale Status ein ‚falsches Signal‘ an junge Menschen aussenden würde, haben sich also nicht bestätigt.“


Hinweise auf das Konsumverhalten der gesamten Bevölkerung in Frankfurt liefern erste Ergebnisse einer bundesweiten Abwasserstudie. Die Technische Universität Dresden führt das vom Bundesministerium für Gesundheit geförderte Forschungsprojekt Abwasserbasiertes Begleit-Monitoring im Rahmen der Einführung des Cannabisgesetzes in Deutschland (AMoCan) durch. Dabei werden seit Dezember 2023 in ausgewählten Abwasserreinigungsanlagen in Deutschland regelmäßig Proben entnommen und auf Drogenrückstände getestet.


Die Messergebnisse für die drei Abwasserreinigungsanlagen in Frankfurt am Main liegen für den Zeitraum von Januar bis November 2024 vor. Eindeutige Tendenzen in Bezug auf Cannabis sind dabei nicht zu erkennen. Das gilt auch, wenn man die Mittelwerte der Messungen vor und nach Inkrafttreten des Cannabisgesetzes betrachtet. Zusammengerechnet hat sich der Mittelwert für Cannabis nach dem 1. April 2024 im Vergleich zum Mittelwert davor für den Raum Frankfurt um rund 3,5 Prozent reduziert.


„Diese Ergebnisse sind mit Vorsicht zu interpretieren“, räumt Björn Helm von der Technischen Universität Dresden ein. „Der untersuchte Zeitraum ist noch zu kurz, um eindeutige Schlüsse zu ziehen.“ Bei der letzten berücksichtigten Messung im November 2024 war noch keine einzige Cannabis-Anbauvereinigung in Frankfurt genehmigt. Fundierte Aussagen über die Auswirkungen der neuen Rechtslage lassen sich voraussichtlich erst in einigen Jahren treffen.


2. Aktuelles aus Deutschland

Diskussion um umstrittene Telemedizin-Angebote


Die Kritik an der Geschäftspraxis mancher Telemedizin-Plattformen für medizinisches Cannabis reißt nicht ab. Die Bundesapothekerkammer veröffentlichte dazu im Juni eine Resolution: In der Regel erfolge auf den Plattformen eine Verschreibung „nur auf Basis standardisierter Online-Fragebögen, mit minimaler diagnostischer Tiefe. Die ärztliche Entscheidung einer Arzneimitteltherapie mutiert zu einem reinen Bestellvorgang durch den Nutzer oder die Nutzerin. Diese Entwicklung unterläuft den Sinn und Zweck der Verschreibungspflicht und gefährdet das Bewusstsein für die Notwendigkeit der medizinischen Indikationsstellung.“


Bereits im letzten Newsletter haben wir über erste Rechtsprechung dazu informiert. Hinzugekommen sind nun weitere Verhandlungen vor dem Landgericht Köln und dem Landgericht München, wie die Pharmazeutische Zeitung und die Süddeutsche Zeitung berichten. In beiden Fällen stellten die Gerichte Verstöße gegen das Heilmittelwerbegesetz fest.


Darüber hinaus laufen Bestrebungen für eine gesetzliche Neujustierung. Einen entsprechenden Beschluss haben die Landesminister:innen für Gesundheit bei der Gesundheitsministerkonferenz im Juni gefasst. Demnach soll die Bundesregierung aufgefordert werden, „im Medizinal-Cannabisgesetz vorzusehen, dass Cannabis zu medizinischen Zwecken von Ärztinnen und Ärzten nur nach persönlicher Erstkonsultation … verschrieben werden darf“.


Damit rennen sie bei der neuen Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) womöglich offene Türen ein. Diese äußerte sich bereits bei einem Interview in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung am 26. Mai kritisch zu dem Thema: „Für mich steckt ganz klar Missbrauch hinter den Zahlen. … Daher möchte ich die zu leicht zugänglichen Onlineverschreibungen einschränken: Auch für die Verschreibung von Medizinalcannabis braucht es eine eindeutige Indikation.“


Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg zur Kostenübernahme


Das Landessozialgericht Baden-Württemberg hat in zwei Fällen keine Verpflichtung der Krankenkasse gesehen, die Kosten für Medizinalcannabis zu übernehmen. In beiden Konstellationen haben die Antragsteller:innen aus Sicht des Gerichts nicht ausreichend dargelegt, warum keine Standardtherapie in Frage kommt. Somit sei die Voraussetzung für eine Kostenübernahme gemäß § 31 Absatz 6 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) nicht erfüllt.


Im ersten Fall ging es um einen Patienten mit einer chronifizierten Depression. Sein behandelnder Arzt bescheinigte ihm zwar, dass „zahlreiche Antidepressiva“ erfolglos zum Einsatz gekommen seien. Abgesehen von Johanniskraut und Sertralin benannte er jedoch keine konkreten Medikamente. Das genügte dem Landessozialgericht nicht. Der Arzt habe nicht die vom Kläger jeweils konkret eingesetzten Antidepressiva nach Dauer und Dosierung sowie den jeweils erzielten Wirkungen dargestellt. Genauso wie das vorinstanzliche Sozialgericht Ulm bestätigte das Landessozialgericht in seinem Urteil vom 27. Januar die Ablehnung der Krankenkasse.


Das andere Verfahren drehte sich um einen Patienten mit Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS). Der behandelnde Arzt hatte zu allen leitliniengerechten medikamentösen Therapien entweder konkrete Nebenwirkungen aus der Behandlung beim Patienten aufgeführt oder aufgrund von Vorerkrankungen die Nicht-Inanspruchnahme begründet. Daher gab das Sozialgericht Mannheim der Klage des Patienten zunächst statt und verurteilte die Krankenkasse, die Kosten für die Behandlung mit Medizinalcannabis zu übernehmen. Das Landessozialgericht hob diese Entscheidung mit seinem Urteil vom 26. März jedoch wieder auf. Auch hier waren dem höheren Gericht die Ausführungen des Arztes nicht detailliert genug. Insbesondere fehlten dem Gericht genaue Angaben, über welche konkreten Zeiträume jedes der Medikamente in welcher Dosierung eingenommen wurde, welches konkrete Ausmaß die jeweils vom Kläger angegebenen Nebenwirkungen hatten und wie diese behandelt wurden. Weiterhin vermisste es eine Auseinandersetzung mit den nichtmedikamentösen Therapieoptionen sowie eine Abwägung der Nebenwirkungen der Standardtherapie mit dem beschriebenen Krankheitszustand und den möglichen schädlichen Auswirkungen einer Therapie mit Cannabis.


Aufnahme in Endometriose-Leitlinie


Medizinisches Cannabis wurde in die aktualisierte Version der S2k-Leitlinie Diagnostik und Therapie der Endometriose als Behandlungsoption aufgenommen. Dort heißt es nun: „Leiden Patientinnen mit Endometriose unter chronischen Schmerzen können je nach zugrunde liegendem Schmerzmechanismus folgende Substanzen … als individueller Therapieversuch erwogen werden: … Cannabisbasierte Arzneimittel“.


Laut einer aktuellen Online-Befragung von Werner et al. 2025 behandeln sich viele Endometriose-Patientinnen im deutschsprachigen Raum bei Schmerzen selbst. Am häufigsten greifen sie dabei zu Ruhe, Wärme und Bewegung. Immerhin 16,6% von ihnen geben an, innerhalb der letzten sechs Monate Cannabis gegen Schmerzen genommen zu haben. Von allen Selbstbehandlungsmethoden schätzen die Patientinnen Cannabis als am effektivsten ein, gefolgt von Osteopathie und Wärme.


3. Aktuelles aus aller Welt

Tschechien – Allgemeinärzt:innen dürfen verschreiben


In Tschechien dürfen neuerdings Allgemeinärzt:innen Cannabis verschreiben. Das sieht eine Verordnung vor, die am 1. April in Kraft getreten ist, wie Radio Prag International und Prague Morning verkünden. Bisher war die Ausstellung von Cannabis-Rezepten spezialisierten Ärzt:innen vorbehalten. Bei chronischen Schmerzen gilt dies nun nicht mehr. Bei allen anderen Diagnosen erfolgen die Verordnungen weiterhin ausschließlich durch die ungefähr 250 Spezialist:innen im Land.


Thailand – Cannabis nur noch auf Rezept


Thailand verbietet den Handel mit Cannabis zum Freizeitkonsum. Das hat die Regierung schon länger angekündigt, nun setzt sie es um. Am 26. Juni trat eine neue Regelung in Kraft, wie die Chiang Rai Times berichtet. Demzufolge darf Cannabis nur noch auf Rezept ausgegeben werden. Die rund 18.000 lizensierten Verkaufsstellen für Cannabisprodukte müssen Kliniken werden und entsprechendes Fachpersonal einstellen, wenn sie den Betrieb fortsetzen wollen. Der Regierung geht es dabei auch um das Image von Thailand im Ausland. „Wir möchten den Touristen sagen, dass sie die Kultur und die Natur Thailands genießen können“, erklärte Gesundheitsminister Somsak Thepsutin. „Aber Thailand sollte nicht als Reiseziel für den Freizeitkonsum von Cannabis angesehen werden.“


4. Aktuelles aus der Forschung

Kernsymptome bei autistischen Kindern nicht verbessert


Die randomisierte kontrollierte doppelt-verblindete Studie (N=39) von Trauner et al. (2025) setzt sich mit der Wirksamkeit von Cannabidiol (CBD) bei Kindern mit Autismusdiagnose im Alter von 7 bis 14 Jahren auseinander. In Bezug auf die primären Ergebnisse, unter anderem Veränderungen beim „Autism Diagnostic Observation Schedule-2“ (ADOS-2), konnten keine signifikanten Unterschiede zwischen der CBD- und der Placebo-Gruppe festgestellt werden. Dies deckt sich weitgehend mit den wenigen klinischen Studien, die zu dem Thema vorliegen, wie im Review von Pereira et al. (2025) nachgelesen werden kann.


Alkoholabhängigkeit: Craving reduziert, Trinkverhalten unverändert


Mueller et al. (2025) untersuchten mit einer randomisierten kontrollierten doppelt-verblindeten Studie die Auswirkungen einer Cannabinoid-Behandlung bei diagnostizierter Alkoholabhängigkeit. Über den Zeitraum von acht Wochen bekamen die 44 Teilnehmer:innen entweder ein CBD-Produkt mit geringfügigem THC-Anteil (<0,3%), ein CBD-Produkt ohne THC oder ein Placebo. Eine signifikante Reduzierung des Cravings im Vergleich zur Placebo-Gruppe gelang im Untersuchungsarm mit dem CBD-Produkt mit geringfügigem THC-Anteil. Bei den Personen, die mit einem CBD-Produkt ohne THC behandelt wurden, zeigte sich der Effekt nicht. Hinsichtlich des Trinkverhaltens kam es zu keinen signifikanten Unterschieden zwischen den Gruppen.


Rheumatische Erkrankungen: Interesse bei Patient:innen, wenige Rezepte


In der Studie von Corte et al. (2025) geht es unter anderem darum, wie Patient:innen mit rheumatischen Erkrankungen in Deutschland zu einer Cannabistherapie stehen. Von den 651 Befragten gab der Großteil (84,2%) an, noch nie Cannabis genutzt zu haben. Die Mehrheit (58%) dieser Personen bezeichnete sich jedoch als offen für eine Behandlung mit medizinischem Cannabis. Bei den Befragten, die Cannabis einnahmen, gab fast die Hälfte an, dies aus medizinischen Gründen zu tun. Nur ein geringer Anteil (7,1%) von ihnen hat dafür ein Rezept erhalten.


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