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Newsletter Medizinisches Cannabis
1. Ausgabe 2025

Liebe Leser:innen,

in Berlin laufen die Gespräche zur Bildung einer neuen Bundesregierung. Welche Auswirkungen dadurch auf den Umgang mit (medizinischem) Cannabis zu erwarten sind, ist noch offen.

Der Import von medizinischen Cannabisblüten hat im vergangenen Jahr stark zugenommen – allerdings auch aufgrund von umstrittenen Telemedizin-Angeboten. Zwei Gerichtsurteile aus dem März beschäftigen sich mit den dabei zugrundeliegenden Geschäftspraktiken.

Mehr darüber und zu zahlreichen weiteren Neuigkeiten aus dem Bereich Medizinalcannabis lesen Sie in diesem Newsletter. Wir wünschen Ihnen eine anregende Lektüre!

Herzlich,
Ihr Projektteam Cannabismedikation
Drogenreferat der Stadt Frankfurt am Main

Inhalt

1. Aktuelles aus Frankfurt am Main

- Netzwerktreffen im Mai

- MMP-Flyer

- Erste Anbauvereinigung genehmigt

2. Aktuelles aus Deutschland

- Fertigarzneimittel gegen Rückenschmerzen vor Zulassung

- Medicinal Cannabis Congress in Berlin

- Umstrittene telemedizinische Angebote

- Das Konsumcannabisgesetz – Umsetzung und Debatte

3. Aktuelles aus aller Welt

- Schweiz – auf dem Weg zur Legalisierung des Freizeitkonsums

4. Aktuelles aus der Forschung

- CBD zur Behandlung von Alkoholkonsumstörungen

- Geringe Schmerzreduzierung bei Kniearthrose

- CBD zur Schmerzbehandlung beim Nagel-Patella-Syndrom

- Cannabis bei Schlafstörungen

1. Aktuelles aus Frankfurt am Main

Netzwerktreffen im Mai


Am Mittwoch, den 20. Mai, lädt das Drogenreferat der Stadt Frankfurt am Main von 18:00 bis 19:00 Uhr zum nächsten Online-Treffen des regionalen Netzwerks Rhein-Main ein. Wie üblich geht es um den Austausch zu aktuellen Fragen rund um die Verschreibung von Cannabis-Arzneimitteln, vor allem in Frankfurt am Main und Umgebung. Medizinische und pharmazeutische Fachkräfte aus der Region sind herzlich dazu eingeladen. Bitte schreiben Sie uns eine E-Mail, um die Zugangsdaten zur Sitzung zu erhalten: medizinisches.cannabis@stadt-frankfurt.de. Wir freuen uns auf Ihre Teilnahme!


MMP-Flyer


Einmal im Monat bietet das Drogenreferat der Stadt Frankfurt am Main eine telefonische Sprechstunde für Patient:innen an. Ein Arzt und ein Rechtsanwalt beraten zu allen medizinischen und rechtlichen Aspekten von Cannabis-Arzneimitteln. Der Flyer dazu wurde aufgrund der rechtlichen Veränderungen aktualisiert und kann per E-Mail bestellt werden (drogenreferat@stadt-frankfurt.de). Außerdem steht er zum Download zur Verfügung.


Erste Anbauvereinigung genehmigt


Seit bald einem Jahr ist das Cannabisgesetz bundesweit in Kraft, abgesehen vom Eigenanbau gab es in Frankfurt aber bislang keinen legalen Bezugsweg für den Freizeitkonsum. Laut dem Regierungspräsidium Darmstadt hat nun die erste Anbauvereinigung in Frankfurt eine Genehmigung erhalten. Weitere sieben Anträge von Anbauvereinigungen aus Frankfurt wurden vom Regierungspräsidium mit Stand vom 1. April noch nicht abschließend bearbeitet.


Der Verein Arbeits- und Erziehungshilfe e.V. bietet in Frankfurt Schulungen für Präventionsbeauftragte von Anbauvereinigungen an. Die Teilnahme dient als Nachweis für die nötigen Beratungs- und Präventionskenntnisse nach § 23 Konsumcannabisgesetz (KCanG). Die nächste zweitägige Fortbildung findet am 12. und 13. Mai statt.


2. Aktuelles aus Deutschland

Fertigarzneimittel gegen Rückenschmerzen vor Zulassung


Laut einem Bericht der Pharmazeutischen Zeitung wird es voraussichtlich bald ein neues Fertigarzneimittel auf Cannabis-Basis in Deutschland geben. Bei „VER-01“ handelt es sich um einen THC-dominanten Vollspektrumextrakt zur oralen Einnahme. Im Juli dieses Jahres soll er für chronische Rückenschmerzen zugelassen werden und unter dem Präparatennamen Exilby® auf den Markt kommen. Ergebnisse der Phase-III-Studie mit 820 Patient:innen wurden im März auf einer Pressekonferenz bei den Deutschen Schmerz- und Palliativtagen in Frankfurt am Main vorgestellt. Demzufolge zeigte das Medikament nach fünfzehn Wochen eine klinisch relevante und statistisch signifikante Schmerzreduktion gegenüber der Placebo-Behandlung. Studien zu weiteren Indikationen sind bereits geplant.


Medicinal Cannabis Congress in Berlin


Am 12. und 13. Juni findet in Berlin der 6. Medicinal Cannabis Congress der Deutschen Medizinal-Cannabis Gesellschaft e.V. (DMCG) statt. Die Veranstaltung kostet für Fachbesucher ohne Ermäßigungsanspruch 250,- Euro und wurde mit zwölf CME-Fortbildungspunkten anerkannt. Das Programm und Hinweise zur Anmeldung finden Sie hier.


Umstrittene telemedizinische Angebote


Steigende Importe


Der Import von Cannabisblüten ist stark angestiegen: Im letzten Quartal 2024 wurden laut Angaben der Bundesagentur für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) fast viermal so viel Cannabisblüten zu medizinischen und medizinisch-wissenschaftlichen Zwecken nach Deutschland eingeführt als noch im ersten Quartal (31,7 Tonnen versus 8,1 Tonnen). Im gesamten Kalenderjahr 2024 waren es rund 72 Tonnen.


Sinkende Preise


Im Jahr 2024 sind die Preise für medizinisches Cannabis stark gefallen. Im Oktober und November lagen die günstigsten Preise für ein Gramm Cannabis-Blüten bei 3,99 Euro, wie ApothekeAdhoc unter Verweis auf den Cannabis-Barometer der Plattform Bloomwell berichtet. Der Durchschnittspreis habe im November 8,35 Euro pro Gramm betragen – im Januar 2024 lag er noch bei 9,27 Euro. Die Versorgung für Patient:innen sei in Deutschland so günstig wie in keinem anderen Land weltweit.


Kritik an Telemedizin-Branche


Vielfach werden diese Entwicklungen mit einer zunehmenden Versorgung von Freizeitkonsument:innen über Telemedizinangebote in Verbindung gebracht. „Durch den Missbrauch medizinischer Verordnungen und illegale Praktiken bei der telemedizinischen Verordnung erhalten inzwischen Konsumenten Zugang zu medizinischem Cannabis, den sie lediglich zu Genusszwecken nutzen“, schreibt beispielsweise die Fachgruppe „Pharmazeutische Biologie“ der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft e.V. Für ein Cannabis-Rezept reiche oft das Ausfüllen eines Online-Fragebogens, ohne dass ein digitales oder gar persönliches Arztgespräch stattfindet, wie die Ärztekammer Nordrhein laut Pharmazeutischer Zeitung beklagt. Ein berufsrechtliches Vorgehen dagegen laufe ins Leere, wenn die Online-Anbieter:innern aus dem Ausland agieren.


Gegenargumente der Branche


Einige Vertreter:innen der Cannabisbranche verteidigen in einem offenen Brief den Einsatz von Fragebögen. „Hierzulande findet eine Romantisierung des persönlichen Arztgesprächs statt, die in den meisten Fällen die Wirklichkeit nicht widerspiegelt.“ Lange Wartezeiten in Arztpraxen würden regelmäßig Gesprächen von wenigen Minuten gegenüberstehen. Patient:innen als „Hobby-Kiffer“ zu bezeichnen und Ärzt:innen das Verletzen ihrer Sorgfaltspflichten zu unterstellen, wären unbelegte Behauptungen. Deutlich werde daran, „auf welche Widerstände digitale Innovation im deutschen Gesundheitswesen trifft und wie sehr sich die Profiteure der ineffektiven analogen Systeme gegen digitalen Fortschritt sträuben“.


Erste Rechtsprechung


Gerichte scheinen die Kritik an den Geschäftsmodellen mancher Telemedizin-Anbieter:innen allerdings zu teilen. So hält das Oberlandesgericht Frankfurt am Main die Werbung für die Möglichkeit eines digitalen Ersttermins nicht für zulässig, wie der Pressemitteilung zum Urteil vom 6. März zu entnehmen ist. „Die … Beklagte habe nicht aufgezeigt, dass ein persönlicher ärztlicher Erstkontakt nach heutigen fachlichen Standards nicht … geboten sei.“ Auch mit dem Urteil des Landgerichts Hamburg vom 11. März wird einem Unternehmen gerichtlich untersagt, sein Online-Rezeptportal für Medizinalcannabis in der bisherigen Form weiterzubetreiben, wie die Deutsche Apotheker Zeitung berichtet. Die Werbung der Plattform stelle sowohl einen Verstoß gegen das Verbot der Werbung für telemedizinische Behandlungen gemäß § 9 Heilmittelwerbegesetz (HWG) als auch gegen das Verbot der Publikumswerbung für verschreibungspflichtige Arzneimittel nach § 10 Absatz 1 HWG dar. Bei der Behandlung mit Cannabis sei generell ein persönlicher ärztlicher Kontakt mit dem zu behandelnden Menschen erforderlich.


Das Konsumcannabisgesetz – Umsetzung und Debatte


Löschung von Einträgen im Bundeszentralregister


Seit dem 1. Januar können Einträge im Bundeszentralregister wegen einer heute nicht mehr strafbaren Tat im Zusammenhang mit Cannabis gelöscht werden – allerdings nur auf Antrag (§§ 40 ff. KCanG). Wie stark diese Regelung zu neuen Belastungen für die Justiz führt, lässt sich noch nicht beurteilen.


Rückgang der Rauschgiftkriminalität


Auf eine Entlastung der Justiz deutet hingegen die Polizeiliche Kriminalstatistik 2024 hin: Demnach nahm die Zahl der sogenannten Rauschgiftdelikte im Vergleich zum Vorjahr bundesweit um 34,2% ab. Im Zusammenhang mit Cannabis wurde ein Rückgang von 114.520 Straftaten registriert.


Illegaler Markt weiter lukrativ


Von Vertreter:innen der Polizei wird allerdings häufig keine wesentliche Eindämmung des illegalen Marktes gesehen. So stellt Andreas Röhrig, der Präsident des Landeskriminalamts Hessen, bei der Präsentation der Landeskriminalstatistik fest, „dass trotz der Legalisierung ein großer Abnehmerkreis im Bereich des Schwarzmarkts vorhanden sein muss und sich das illegale Geschäft weiterhin als lukrativ erweist“. Ein wichtiger Grund dafür kann in fehlenden legalen Bezugswegen gesehen werden. In diese Richtung geht auch folgende Aussage von Röhrig: „Da der Bedarf von Cannabis weder durch den Eigenanbau noch durch die vier in Hessen genehmigten Anbauvereinigungen gedeckt werden kann, erfolgt die Beschaffung vorwiegend auf dem Schwarzmarkt.“


Wenige Genehmigungen von Anbauvereinigungen


Nicht nur in Hessen können bislang erst wenige Anbauvereinigungen ihre Arbeit aufnehmen. Laut einer Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage von Bundestagsabgeordneten der Linken waren bis Dezember 2024 bundesweit erst 83 Anbauvereinigungen genehmigt. Immerhin 349 Anträge von Anbauvereinigungen warteten im Dezember 2024 auf eine Entscheidung der zuständigen Behörde.


Ungewisse politische Zukunft


Nach dem Ausgang der Bundestagswahl fragen sich viele Anbauvereinigungen, ob sie ihre Arbeit dauerhaft fortsetzen können. Nach derzeitigem Stand ist eine Koalition aus CDU/CSU und SPD wahrscheinlich. Die Union hatte sich im Wahlkampf für die Abschaffung des Cannabisgesetzes eingesetzt. Laut einem Spiegel-Bericht vom 2. April wurde zum Thema Cannabis in den laufenden Koalitionsverhandlungen noch keine Einigung erzielt.


3. Aktuelles aus aller Welt

Schweiz – auf dem Weg zur Legalisierung des Freizeitkonsums


Bekanntlich laufen in der Schweiz eine Reihe von Pilotversuchen mit Cannabis. Abgeschlossen ist davon noch keiner. Dennoch nahm die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates (SGK-N) bereits einen Vorentwurf für ein Bundesgesetz über Cannabisprodukte an, wie in einer Medienmitteilung am 14. Februar verkündet wurde. Geplant sind unter anderem folgende Regelungen:


  • Volljährige Personen, die in der Schweiz leben, dürfen Cannabis anbauen, kaufen, besitzen und konsumieren. Jegliche Abgabe von Cannabis an Minderjährige bleibt verboten.
  • Für den Eigenbedarf dürfen Erwachsene maximal drei Pflanzen anbauen.
  • Es gelten Höchstmengen für den Besitz im privaten und öffentlichen Raum.
  • Eine gewinnorientierte Produktion wird erlaubt. Anbauer und Hersteller haben strenge Auflagen (u.a. zur Produktqualität) zu erfüllen.
  • Der Verkauf unterliegt einem staatlichen Monopol. Cannabisprodukte können in einer limitierten Anzahl von Verkaufsstellen sowie online bei einer einzigen Stelle gekauft werden. Gewinne sind in die Prävention, Schadensminderung und Suchthilfe zu investieren.
  • Cannabisprodukte werden mit einer Lenkungsabgabe belegt, um den Konsum zu beschränken und hin zu risikoärmeren Formen zu lenken. Die Abgabe soll vom THC-Gehalt und der Konsumform abhängen.
  • Wer sich dem legalen Markt entzieht, wird im Vergleich zu heute härter bestraft.

Als nächster Schritt wird ein erläuternder Bericht zum Vorentwurf verfasst, damit die Kommission diese Unterlagen im Sommer prüfen kann. Danach soll ein Stellungnahmeverfahren eingeleitet werden.


4. Aktuelles aus der Forschung

CBD zur Behandlung von Alkoholkonsumstörungen


Die Studie von Hurzeler et al. (2025) legt die Wirksamkeit von Cannabidiol (CBD) bei der Behandlung von Alkoholkonsumstörungen nahe. Die 22 Teilnehmer:innen mit einer entsprechender Diagnose erhielten über drei Tage 800 mg CBD oder ein Placebo. Im Ergebnis scheint CBD die durch Alkoholexposition ausgelöste Angst und das Alkoholverlangen zu verringern. Die Autor:innen fordern nun große klinische Studien mit längerfristigen Behandlungen, um das therapeutische Potenzial von CBD bei der Behandlung von Alkoholkonsumstörungen genauer zu ermitteln.


Geringe Schmerzreduzierung bei Kniearthrose


Die randomisierte, kontrollierte und doppelt verblindete Studie von Prucksikanont et al. (2025) untersucht die Wirksamkeit von medizinischem Cannabis zur Schmerzbehandlung bei schwerer Kniearthrose. Die 32 Teilnehmer:innen erhielten über 30 Tage entweder THC-haltiges Cannabisöl oder ein Placebo. Es konnten signifikante Verbesserungen bei der Versuchsgruppe in Bezug auf Schmerzen und Lebensqualität im Vergleich zur Kontrollgruppe nachgewiesen werden, allerdings erreichten sie nicht den MCID-Wert („minimal clinically important difference“, auf Deutsch: „minimal für den Patienten bedeutsamer Unterschied“).


CBD zur Schmerzbehandlung beim Nagel-Patella-Syndrom


Lebret et al. (2024) gehen der Frage nach, inwiefern CBD bei der Schmerzreduktion für Patient:innen mit dem Nagel-Patella-Syndrom (NPS) hilft. In einer Kohortenstudie zeigten 28 Teilnehmer:innen mit einer CBD-Einnahme über den Zeitraum von drei Monaten deutliche und signifikante Verbesserungen bei den Schmerzzuständen. Aus Sicht der Autor:innen scheint CBD daher eine sichere und wirksame Behandlungsoption bei NPS-assoziierten chronischen Schmerzen zu sein.


Cannabis bei Schlafstörungen


In einer randomisierten kontrollierten Studie (N=20) untersuchen Hausenblas, Hooper & Lynch (2025) die Wirksamkeit von Medizinalcannabis bei Schlaflosigkeit. Die zehntägige Behandlung mit einem Cannabis-Präparat erwies sich im Vergleich zur Placebo-Einnahme als wirksam in Bezug auf Schlafqualität, Schlaflosigkeit und Lebensqualität. Die Studie fügt sich in einen sehr heterogenen Forschungsstand ein: Eine Übersichtsarbeit von Lavender et al. (2024) identifiziert allein 21 aktuelle Studien zur Wirksamkeit von Cannabisarzneimitteln bei Schlafstörungen. Dabei kommen die Autor:innen allerdings zu dem Schluss, dass sich die Evidenzlage nicht mit der weitverbreiteten Verwendung von Cannabinoiden zur Behandlung von Schlafstörungen in Einklang bringen lässt.


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