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Newsletter Medizinisches Cannabis
3. Ausgabe 2023

Liebe Leserinnen und Leser,

in diesen Wochen steht mal wieder das Thema Cannabis zu Genusszwecken stark im Vordergrund. Das vom Bundeskabinett verabschiedete Cannabisgesetz soll nach den Plänen der Koalition bereits Anfang 2024 in Kraft treten. Aber auch der Bereich Medizinalcannabis wird von diesen gesetzlichen Änderungen stark betroffen sein.

Genaueres können Sie unserem heutigen Newsletter entnehmen. Wir wünschen eine interessante Lektüre!

Herzlich,
Ihr Projektteam Cannabismedikation
Drogenreferat der Stadt Frankfurt am Main

Inhalt

1. Aktuelles aus Frankfurt am Main

- Veröffentlichung der Frankfurter Cannabis-Studie

- Sitzung des Regionalen Netzwerks Rhein-Main am 15. November

- Veranstaltung zu Cannabis-Modellprojekten im Ausland - online und in Präsenz

2. Aktuelles aus Deutschland

- Wegfall des Genehmigungsvorbehalts für einzelne Arztgruppen noch nicht umgesetzt

- Stand der Legalisierung zum Freizeitkonsum

- Forderungen des Bundesrats zum Thema medizinisches Cannabis

- Positionspapier von Fachverbänden gegen Diskriminierung von Cannabis-Patient:innen

3. Aktuelles aus aller Welt

- Großbritannien: Blüten und Extrakte fast nur auf Privatrezept

- Frankreich: Patientenorganisationen fordern Legalisierung von medizinischem Cannabis

- Albanien: Parlament erlaubt medizinisches Cannabis

- Israel: Erleichterungen beim Zugang zu Medizinalcannabis

- Uganda: Parlament billigt Anbau von medizinischem Cannabis

- Thailand: Kurswechsel betrifft nicht Cannabis für medizinische Zwecke

- USA: Viele Krebspatient:innen nutzen Cannabis zur Selbstmedikation

- Griechenland: Unfreiwilliges Tierexperiment mit Medizinalcannabis

4. Aktuelles aus der Forschung

- Vorbehalte gegenüber Medizinalcannabis in der Ärzteschaft

- Erhöhtes Risiko für Depressionen bei Behandlung mit medizinischem Cannabis

- Reduzierung der Opioid-Behandlung durch Cannabis?

- Forschungsstand zu Cannabisbehandlung von krebskranken Kindern unzureichend

1. Aktuelles aus Frankfurt am Main

Veröffentlichung der Frankfurter Cannabis-Studie


Die Stadt Frankfurt am Main will es wissen: Zehntausend zufällig ausgewählte Bürgerinnen und Bürger der Mainmetropole hat das Drogenreferat im Januar 2023 anschreiben lassen, um belastbare Daten über die Einstellungen, Erwartungen und Bedarfe der Stadtbevölkerung rund um das Thema Cannabis zu erhalten.


Wie im letzten Newsletter berichtet, sollten die Ergebnisse bereits im Juni veröffentlicht werden. Aufgrund eines Manipulationsversuchs verzögerte sich der Termin jedoch. 350 sehr aufwändig gefälschte Fragebögen waren an das auswertende Institut für interdisziplinäre Sucht- und Drogenforschung (ISD) in Hamburg geschickt worden. Durch eine umfangreiche Überprüfung aller eingegangenen Fragebögen konnten nun alle Fälschungen zweifelsfrei aufgespürt und aus dem Datensatz entfernt werden.


Die Frankfurterinnen und Frankfurter sprechen sich in der Befragung mehrheitlich für eine Legalisierung von Cannabis aus: Fast zwei Drittel befürworten uneingeschränkt oder eher die kontrollierte Abgabe von Cannabis zu Genusszwecken an über 18-Jährige.


Das Angebot der Suchthilfe stößt bei Frankfurts Bürgerinnen und Bürgern auf hohe Akzeptanz. Mehr als neun von zehn Befragten würden bei problematischem Cannabiskonsum sicher oder wahrscheinlich Drogen- und Suchtberatungsstellen für sich in Anspruch nehmen oder einer anderen Person empfehlen. Der Bekanntheitsgrad der Angebote sollte aber noch gesteigert werden: Weniger als die Hälfte der Befragten wissen sicher oder wahrscheinlich, wo sie für sich oder für andere Personen Hilfe bei einem problematischen Cannabiskonsum in Frankfurt bekommen könnten. Das gilt in besonderem Maße für Personen mit geringer formaler Bildung.


Der vollständige Abschlussbericht sowie eine Kurzfassung stehen auf der Homepage des Drogenreferats zum Download zur Verfügung.


Sitzung des Regionalen Netzwerks Rhein-Main am 15. November


Mit den Ergebnissen der Frankfurter Cannabis-Studie setzt sich auch unser nächstes Netzwerktreffen am Mittwoch, den 15. November 2023, 18.00 bis 19.00 Uhr, auseinander.


Dabei sollen die zentralen Ergebnisse der Befragung vorgestellt und in ihrer Bedeutung für den Bereich Medizinalcannabis diskutiert werden. Der Termin findet wie üblich online statt.


Alle medizinischen und pharmazeutischen Fachkräfte aus Frankfurt am Main und Umgebung sind herzlich eingeladen. Bitte schreiben Sie uns eine E-Mail, um die Zugangsdaten zur Sitzung zu erhalten: medizinisches.cannabis@stadt-frankfurt.de. Wir freuen uns auf Sie!


Veranstaltung zu Cannabis-Modellprojekten im Ausland - online und in Präsenz


Das Drogenreferat der Stadt Frankfurt am Main lädt zum 4. Frankfurter Cannabis-Gespräch ein. Im Fokus stehen diesmal neue Wege der Cannabis-Politik europäischer Nachbarländer. Wir freuen uns auf spannende Vorträge von Expertinnen und Experten aus dem Ausland per Video-Zuschaltung, und zwar am Samstag, 25. November 2023, von 16.00 bis 18.00 Uhr.


Diesmal ist eine Teilnahme online oder in Präsenz möglich. Bei einer Teilnahme vor Ort (Gesundheitsamt, Breite Gasse 28) ist eine Anmeldung nicht erforderlich. Wer hingegen online teilnehmen möchte, kann sich bis zum 23. November 2023 per E-Mail (drogenreferat@stadt-frankfurt.de) anmelden und erhält kurz vor der Veranstaltung einen Zugangslink. Weitere Informationen und das vollständige Programm finden Sie auf der Homepage des Drogenreferats.


2. Aktuelles aus Deutschland

Wegfall des Genehmigungsvorbehalts für einzelne Arztgruppen noch nicht umgesetzt
Am 27. Juli 2023 trat das Gesetz zur Bekämpfung von Lieferengpässen bei patentfreien Arzneimitteln und zur Verbesserung der Versorgung mit Kinderarzneimitteln (ALBVVG) in Kraft. Damit wurde in den § 31 Sozialgesetzbuch V (SGB V) folgender Absatz 7 eingefügt: „Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt bis zum 1. Oktober 2023 in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Nummer 6 das Nähere zu einzelnen Facharztgruppen und den erforderlichen ärztlichen Qualifikationen, bei denen der Genehmigungsvorbehalt nach Absatz 6 Satz 2 entfällt.“
In anderen Worten: Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) sollte bis zum 1. Oktober regeln, welche Gruppen von Ärztinnen und Ärzten zukünftig medizinisches Cannabis zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen ohne aufwändiges mehrwöchiges Antragsverfahren verordnen dürfen. Das ist allerdings bis heute nicht geschehen.
Auf Anfrage des Drogenreferats teilte das G-BA am 2. Oktober 2023 dazu mit: „Leider kann ich Ihnen im Moment noch keinen genauen Termin nennen, an dem über die Facharztgruppen entschieden wird, bei denen der Genehmigungsvorbehalt entfallen kann. Der G-BA konnte seine Beratungen zur Umsetzung des Regelungsauftrags erst kurzfristig nach Bekanntwerden der Gesetzesänderung aufnehmen und hat diese zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen. Denn auf die für einen Beschluss notwendigen Verfahrensschritte kann auch bei der sehr eng gesetzten gesetzlichen Frist nicht verzichtet werden. Dies würde ansonsten ggf. zu einer Beanstandung des Beschlusses durch die Rechtsaufsicht (das Bundesgesundheitsministerium) führen.“
Es bleibt also abzuwarten, wann und wie der G-BA in dieser Frage entscheiden wird.


Stand der Legalisierung zum Freizeitkonsum
Beim letzten Newsletter lag gerade der erste Referenten-Entwurf des Cannabisgesetzes (CanG) vor. Geregelt werden im CanG unter anderem der straffreie Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis, der Eigenanbau und der gemeinschaftliche Anbau in Anbauvereinigungen.
Am 16. August verabschiedete die Bundesregierung das Gesetz. Damit ging es in die parlamentarische Beratung, und zwar zunächst zum Bundesrat. Der nahm am 29. September dazu Stellung.
Der Innenausschuss des Bundesrates hatte das Gesetz noch als zustimmungspflichtig erachtet. Dieser Einschätzung ist das Gesamtplenum aber nicht gefolgt. Ohne Zustimmungspflicht haben die Empfehlungen des Bundesrats keine rechtlichen Konsequenzen. Politische Wirkung entfalten sie dennoch.
Grundsätzlich wird in der 46-seitigen Stellungnahme anerkannt, dass der Gesetzentwurf einen transparenten, berechenbaren und nachhaltigen Rechtsrahmen zu schaffen versuche. Diesem Anspruch werde er jedoch nicht in allen Teilen gerecht.
Eine zentrale Kritik betrifft die Finanzen. Die Länder sehen zahlreiche zusätzliche Präventions- und Verwaltungsaufgaben auf sich zukommen. Der dadurch entstehende Mehraufwand werde aber vom Bund weder realistisch eingeschätzt noch ausreichend gegenfinanziert.
Auch die Abstandsregelungen beim Konsum werden kritisiert: „Obgleich der Bundesrat das Ziel des wirksamen Jugendschutzes im KCanG begrüßt, bezweifelt er, dass die „Schutzzonen“ in der Praxis die gewünschte Schutzwirkung erzielen werden, da die Kontrolle schwer umsetzbar erscheint.“
Weiterhin enthält die Stellungnahme eine Reihe von sehr konkreten Empfehlungen: So soll nach Vorstellung des Bundesrats der Eigenanbau nur innerhalb der Wohnung, nicht aber im Garten erlaubt sein. Und um sicherzustellen, dass niemand Mitglied in mehr als einer Anbauvereinigung wird, sei ein zentrales Melderegister einzurichten. Außerdem solle die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung für die Schulung der Präventionsbeauftragen in den Anbauvereinigungen zuständig werden.
Auf alle diese Vorschläge reagierte die Bundesregierung in einer Gegenäußerung bereits ablehnend. Nur in wenigen Punkten sollen die Empfehlungen des Bundesrats Berücksichtigung finden. Dazu gehört unter anderem der Vorschlag, auf ein immissionsschutzrechtliches Genehmigungsverfahren bei der Antragstellung von Anbauvereinigung zu verzichten. Auch ein Ausschankverbot für Alkohol in Anbauvereinigungen soll geprüft werden.
Als nächster Schritt im Gesetzgebungsverfahren kommt es nun zu den Beratungen im Bundestag. Die erste Lesung erfolgte am 18. Oktober. Die Debatte kann im Internet noch im Nachhinein angeschaut werden. Auch wenn der Zeitplan sehr ambitioniert erscheint, hält der SPD-Bundestagsabgeordnete Dirk Heidenblut ein Inkrafttreten des Gesetzes zum Jahreswechsel weiterhin für realistisch.
Zugleich haben einige Vertreterinnen der Ampel-Koalition deutlich gemacht, bei den Beratungen im Bundestag noch Änderungen erreichen zu wollen. So werden die Bundestagsabgeordneten Kirsten Kappert-Gonther (Bündnis 90/Die Grünen), Kristine Lütke (FDP) und Carmen Wegge (SPD) in der Legal Tribune Online mit kritischen Aussagen zu den Abstandsregelungen und zu den Besitzobergrenzen zitiert.
Etwas in den Hintergrund der öffentlichen Wahrnehmung ist bei der Diskussion um das Cannabisgesetz die „2. Säule“ aus dem Eckpunktepapier der Bundesregierung vom 12. April 2023 geraten. Diese sieht vor, in Modellregionen kommerzielle Lieferketten einzuführen. Dafür war für den „Herbst“ dieses Jahres ein erster Gesetzentwurf angekündigt.
Der Herbst ist noch nicht vorbei. Dennoch mahnt FDP-Politikerin Lütke in der Legal Tribune Online auch bei diesem Thema zur Eile: „Gerade die Modellprojekte dürfen zeitlich nicht verschleppt werden – sie sind essenziell, um am Ende wirklich für mehr Jugend-, Gesundheits- und Verbraucherschutz zu sorgen.“


Forderungen des Bundesrats zum Thema medizinisches Cannabis
Bekanntlich enthält das geplante Cannabisgesetz auch Neuerungen beim Thema Medizinalcannabis. So soll künftig für die Verschreibung von Cannabis kein Betäubungsmittelrezept mehr erforderlich sein.
Der Bundesrat sieht das kritisch. Der Verzicht auf die Verwendung eines Betäubungsmittelrezeptes laufe dem Ziel des Gesundheitsschutzes zuwider. Es sei zu befürchten, dass Cannabis künftig großzügiger und ohne ausreichende Prüfung verschrieben werde.
Die Bundesregierung zeigte sich davon unbeeindruckt. Die Regelung entspreche der geänderten Risikobewertung von Cannabis. Außerdem verweist die Bundesregierung darauf, dass für die Erstattung über die gesetzliche Krankenversicherung weiterhin die bestehenden Vorgaben des Sozialversicherungsrechts (§ 31 Absatz SGB V) gelten.
Zustimmung fand im Bundesrat außerdem ein Antrag aus Sachsen. Darin wird angeregt, allgemein Maßnahmen zur Verbesserung der Versorgung für Patientinnen und Patienten mit Medizinalcannabis zu prüfen. „Dies betrifft insbesondere die Möglichkeit einer Ausweitung des Angebots von Medizinalcannabis in Deutschland durch Erhöhung oder Aufhebung der nationalen Produktionsmengen, die Aufhebung der Begrenzung des Anbaus auf bestimmte Sorten und den Wegfall der Deckelung der Abgabepreise, um die stark steigenden Importe von Medizinalcannabis zugunsten der heimischen Produktion in entsprechender Qualität angemessen zu drosseln.“
Die Bundesregierung stellte in ihrer Gegenäußerung in Aussicht, diesen Vorschlag zu prüfen.


Positionspapier von Fachverbänden gegen Diskriminierung von Cannabis-Patient:innen
Für einen stärkeren Anbau von medizinischem Cannabis in Deutschland setzen sich auch acht Verbände aus Wissenschaft, Ärzteschaft, von Apotheken und Patient:innen ein. Ein Positionspapier mit dem Titel „Cannabis legal, Patient:innen egal?“ vom 27. September versammelt gemeinsame Forderungen angesichts des geplanten Cannabisgesetzes. Darunter findet sich auch der Appell nach einer Erhöhung und Sicherung der innerdeutschen Anbaukapazitäten durch die Schaffung eines Lizenzverfahrens für Anbau und Distribution.
Außerdem setzt sich das Positionspapier unter anderem dafür ein, Cannabis-Patient:innen im Straßenverkehr nicht gegenüber anderen Patient:innen mit fahreignungsrelevanten Arzneimittel zu benachteiligen, Forschungsvorhaben zu fördern und den Genehmigungsvorbehalt der Krankenkassen sowie den Vorrang von Rezepturarzneimitteln in der Arzneimittelrichtlinie abzuschaffen. Auch auf eine weitere, bislang wenig wahrgenommene Folge des Cannabisgesetzes für Patient:innen weisen die Verbände hin: Laut § 24 des Artikels 2 im Cannabisgesetz, dem Gesetz zur Versorgung mit Cannabis zu medizinischen und medizinisch-wissenschaftlichen Zwecken (MedCanG), sollen für die Inhalation von Medizinalcannabis dieselben Abstandsregelungen gelten wie für den Konsum von Genusscannabis. Patient:innen dürften folglich im Umkreis von 200 Metern einer Schule, einer Kindertagesstätte, einer Anbauvereinigung etc. ihr Medikament nicht mehr einnehmen. Die Verbände halten das für unzumutbar. Sie fordern, es Cannabispatient:innen zu ermöglichen, ihre Medikation uneingeschränkt einnehmen zu können.


3. Aktuelles aus aller Welt

Großbritannien: Blüten und Extrakte fast nur auf Privatrezept


In Großbritannien wurde Cannabis als Medizin erst 2018, also ein Jahr später als in Deutschland, eingeführt. Einen Einblick in die dortigen Erfahrungen gewährt ein Artikel im Pharmaceutical Journal vom September 2023. Demnach scheinen auf der britischen Insel die bürokratischen Hürden für eine Verordnung von Cannabis-Arzneimitteln zu Lasten der Krankenkasse sogar noch höher als in Deutschland zu sein, zumindest wenn es sich nicht um Fertigarzneimittel handelt. Durchschnittlich weniger als fünf Rezepte von Cannabis-Blüten oder -Extrakten werden pro Monat über den National Health Service abgerechnet. Auf der anderen Seite ist es zu einer explosionsartigen Verbreitung von privaten Verschreibungen gekommen: Zwischen November 2018 und November 2022 wurden mehr als 140.000 Privatrezepte für Blüten oder Extrakte eingelöst.


Frankreich: Patientenorganisationen fordern Legalisierung von medizinischem Cannabis
Frankreich hat bekanntlich einen besonders vorsichtigen Weg eingeschlagen. Im Rahmen eines Experiments erhalten seit 2021 nur rund 3.000 Patient:innen landesweit Cannabisarzneimittel. Im Anschluss an die zweijährige Studie soll über eine generelle Legalisierung von Cannabis zu medizinischen Zwecken entschieden werden. Genau dies steht aber nun in Frage, wie das Online-Portal Business of Cannabis Europe berichtet. Die Regierung habe es versäumt, einen Regulierungsrahmen einzuführen und in ihrem Jahreshaushalt Mittel dafür bereitzustellen. In Le Parisien meldeten sich deswegen 17 Organisationen von Patient:innen in einem offenen Brief zu Wort: Sie beklagen, dass „die Untätigkeit des Staates das Leiden von fast 300.000 Patienten verlängert“. Frankreich müsse „endlich medizinisches Cannabis legalisieren, um es denjenigen zugänglich zu machen, die es am dringendsten benötigen“.


Albanien: Parlament erlaubt medizinisches Cannabis


Das albanische Parlament hat im Juli laut Informationen des Online-Portals ABC-News Cannabis für medizinische Zwecke legalisiert. Das Parlament stimmte mit 69 zu 23 Stimmen dafür, den begrenzten und kontrollierten Anbau von Cannabispflanzen zuzulassen - ein Schritt, der von der Opposition heftig kritisiert wurde.


Israel: Erleichterungen beim Zugang zu Medizinalcannabis


Israel gilt als einer der Vorreiter-Nationen bei der Verwendung von Cannabisarzneimitteln. Schon heute beziehen rund 100.000 Patient:innen medizinisches Cannabis - in einem Land mit ca. 9 Millionen Einwohner:innen. Der Gesundheitsausschuss des israelischen Parlaments will den Zugang weiter erleichtern, wie die Jerusalem Post berichtet. Für bestimmte Indikationen, unter anderem Multiple Sklerose, Demenz und Autismus, sollen Patient:innen in Zukunft keine Lizenz mehr beantragen müssen, solange die Cannabisarzneimittel von speziell weitergebildeten Ärzt:innen verschrieben werden. Verbände von Patient:innen äußern sich dennoch kritisch: Gerade die Erkrankungen, die bislang am häufigsten zu einer Lizenz geführt haben, nämlich Schmerzen und das Posttraumatische Belastungssyndrom, finden in der Gesetzesänderung keine Berücksichtigung.


Uganda: Parlament billigt Anbau von medizinischem Cannabis


Das Parlament von Uganda hat ein Gesetz verabschiedet, demzufolge der Anbau von Cannabis zu medizinischen Zwecken erlaubt wird. Darüber berichtet das Online-Portal African Business. Zugleich sieht das Gesetz rigide Strafen bei Verstößen vor.


Thailand: Kurswechsel betrifft nicht Cannabis für medizinische Zwecke


Thailand hatte sich gerade als Reiseziel für Freizeitkonsument:innen von Cannabis etabliert: Rund 6.000 Verkaufsstellen, davon allein 1.500 in der Hauptstadt Bangkok, sind seit der Legalisierung vor einem Jahr aus dem Boden geschossen. Damit soll nun Schluss sein, wie die neu gewählte Regierung laut Frankfurter Rundschau erklärte. Die genauen Pläne stehen zwar noch nicht fest, aber Ministerpräsident Srettha Thavisin kündigte an, die Regelungen müssten korrigiert werden. „Drogenmissbrauch ist ein großes Problem für das Land, das nicht ausreichend angegangen wird.“ Ausdrücklich nicht betroffen von den Änderungen soll die Nutzung für medizinische Zwecke sein.


USA: Viele Krebspatient:innen nutzen Cannabis zur Selbstmedikation


Die Nutzung von Cannabis in medizinischer Absicht ist in den USA stark verbreitet, häufig allerdings in Selbstmedikation. Das legen die Ergebnisse einer Studie aus New York nahe. 1.258 Patient:innen, die kürzlich eine Krebsbehandlung in Anspruch genommen hatten, wurden befragt. Fast ein Drittel (31%) gab an, Cannabis zu medizinischen Zwecken zu nutzen, überwiegend zur Symptombehandlung. Nur ungefähr ein Viertel von ihnen hat das Thema mit den behandelnden Fachkräften diskutiert.


Griechenland: Unfreiwilliges Tierexperiment mit Medizinalcannabis


Eine eher kuriose Neuigkeit erreicht uns dieses Mal aus Griechenland. Dort hat ein Schäfer an seiner Herde „merkwürdiges Verhalten“ bemerkt. Der Grund ließ sich aufklären: Die Herde war in ein Gewächshaus mit medizinischem Cannabis eingedrungen. Entweder 100 oder 300 Kilogramm haben die Schafe vertilgt, je nachdem ob man der Berliner Zeitung oder agrarheute Glauben schenken mag. Einvernehmen besteht hingegen darüber: Den Schafen ist nichts passiert. Nach Einschätzung des Schäfers waren sie mindestens zwei Tage lang glücklich und gaben sehr gute Milch.


4. Aktuelles aus der Forschung

Vorbehalte gegenüber Medizinalcannabis in der Ärzteschaft


Ein Forschungsteam im Umfeld der Hannover Medical School untersuchte den Einsatz von medizinischem Cannabis bei schwer kranken Menschen in Deutschland. Dazu wurden 653 Ärzt:innen von Intensivstationen bundesweit angeschrieben. Es beteiligten sich leider nur 59 Personen an der Befragung. Innerhalb dieser Stichprobe hatten nur 16 Ärzt:innen innerhalb der letzten zwei Jahre ein Cannabisarzneimittel eingesetzt, überwiegend Dronabinol. Mangelnde persönliche Erfahrung, Wissenslücken und eingeschränkte Evidenz waren die am häufigsten genannten Vorbehalte der Befragten gegenüber Medizinalcannabis.


Erhöhtes Risiko für Depressionen bei Behandlung mit medizinischem Cannabis


Eine interessante Masterarbeit aus Kanada setzt sich mit dem Zusammenhang von medizinischem Cannabis und Depressionen auseinander. Sie besticht vor allem durch ihre großen Datensätze: 54.006 Patient:innen mit medizinischem Cannabis wurden 161.265 Personen ohne Cannabis-Behandlung gegenüber gestellt. Das Risiko eines Notarztbesuchs oder einer Klinikaufnahme wegen einer depressiven Erkrankung war bei Cannabis-Patient:innen zweimal so hoch wie in der Kontrollgruppe. Dies gilt auch für Cannabis-Patient:innen ohne psychiatrische Vorerkrankungen. Für den Autor der Studie unterstreichen diese Ergebnisse die Notwendigkeit einer sorgfältigen Risikobewertung bei Patienten, die Cannabis zur medizinischen Versorgung in Anspruch nehmen wollen.


Reduzierung der Opioid-Behandlung durch Cannabis?


Häufig wird der Einsatz von medizinischem Cannabis mit einer Reduzierung von Opioid-Behandlungen in Verbindung gebracht. Aus den USA liegen nun zwei neue Studien mit widersprüchlichen Ergebnissen dazu vor.


Ein Forschungsteam aus New York beschäftigte sich mit den Daten von 8.165 Patient:innen, die sich in einer Langzeittherapie mit Opioiden befanden. Ungefähr die Hälfte davon wurde länger als 30 Tage mit medizinischem Cannabis behandelt, die andere Hälfte bis zu 30 Tage. Die tägliche Morphiumdosis sank in der Gruppe mit längerer Cannabisbehandlung um 47% bis 53%, in der Kontrollgruppe nur um 4% bis 14%. Eine Therapie mit medizinischem Cannabis lässt sich daher aus Sicht der Autor:innen mit einem Rückgang bei der Dosierung von Opiaten in Verbindung bringen.


Eine andere Studie vergleicht die Gesundheitsdaten von Patient:innen mit chronischen nicht-krebsbedingten Schmerzen aus 12 Bundesstaaten, in denen medizinisches Cannabis legalisiert wurde, mit Daten aus 17 Vergleichsstaaten. Insgesamt fanden die Daten von 583.820 Patient:innen Berücksichtigung. Die beobachteten Unterschiede zwischen den beiden Gruppen waren geringfügig. Das Team der Autor:innen kam daher zu dem Schluss: „In dieser Studie wurden keine starken Auswirkungen der Gesetze zu medizinischem Cannabis auf die Behandlung mit Opioiden oder anderen Schmerzmitteln bei Patienten mit chronischen, nicht krebsbedingten Schmerzen festgestellt.“


Forschungsstand zu Cannabisbehandlung von krebskranken Kindern unzureichend


Ein kanadisch-australisches Forschungsteam führte einen systematischen Literatur-Review zur Cannabistherapie bei krebserkrankten Kindern durch. Von den über 30.000 gefundenen Beiträgen wurden 19 Studien in den Review aufgenommen. Die Ergebnisse waren sehr überschaubar, und als Hauptergebnis kann folgender Appell der Forscher:innen betrachtet werden: „Unser systematischer Review unterstreicht die dringende Notwendigkeit, qualitativ hochwertige Evidenz zu Sicherheit, Dosierung und Wirksamkeit von Cannabisprodukten für die Symptombehandlung bei krebskranken Kindern herzustellen.“


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